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Rezension:Isabel oder Der Duft der Liebe (Gebundene Ausgabe)

Der niederländische Schriftsteller Tomas Lieske hat mit " Isabel oder der Duft der Liebe " einen historischen Roman vorgelegt, der sowohl stilistisch als auch inhaltlich - ich denke nicht zuletzt an die subtilen psychologischen Charakterstudien - auf dem Niveau der historischen Romane Stefan Zweigs oder Lion Feuchtwangers angesiedelt ist. In meinen Augen handelt es bei diesem Buch um ein Meisterwerk, das von Christiane Kuby in einer geradezu poetischen Sprache ins Deutsche übersetzt worden ist.
Worum geht es?

Die Romanhandlung spielt im 16. Jahrhundert. Der Ich-Erzähler Marnix de Veer , dessen Hauptinteresse der Mathematik , Architektur und Mechanik gilt , ist Bürger der Stadt den Haag. Dort lernt er den 21 jährigen, zukünftigen König Philipp II von Spanien kennen. Philipp II (1527- 1598), Sohn von Kaiser Karl V regierte von 1556 bis zu seinem Tode die Großmacht Spanien. Verheiratet war er mit Maria von Portugal (gest. 1545), mit Maria I Tudor (gest. 1558) mit Elisabeth von Valois (gest.1568) und schließlich mit Anna von Österreich (gest. 1580). Über all diese Frauen erfährt man im Roman Näheres.

Felipe ( so die Schreibweise Philipps II im vorliegenden Roman) erbte von seinem Vater Spanien mit den Kolonien in Amerika, die Niederlande, Burgund, Mailand, Neapel, Sizilien und Sardinien. Der Niederländer Marnix de Veer tritt wegen seiner überragenden Kenntnisse in die Dienste Felipes und wird dessen loyalster Diener und Freund. Anfänglich stehen die Sterne ungünstig für eine tiefe Freundschaft, weil Felipe seinem Freund die Geliebte entzieht, und sie zu seiner Konkubine macht. Marnix braucht lange um seinen Groll auf Felipe zu dämpfen.

Es handelt sich bei dieser Frau um die Hofdame Isabel Osorio, die sich Felipes Begierden und Wünschen unterwirft und über Jahrzehnte mit ihm eine Sonderbeziehung pflegt, die über das normale Konkubinendasein hinausgeht. Marnix vergisst die zwölf Liebesnächte mit Isabel sein ganzes Leben nicht und hört nicht auf sich nach ihr zu sehnen, denn im Gegensatz zu allen anderen Frauen, die ihm zuvor begegneten, umgibt diese Frau der Duft der ewigen Liebe, durch den er an sie für immer gebunden sein wird......

De Veer analysiert Felipes generelle Verhaltensweise, anderen mit Interesse, Freundlichkeit und Liebe zu begegnen. Er weiß, dass dieser sich besagtes Handlungsmuster nicht aus Nächstenliebe zugelegt hat, sondern um im Gegenzug Aufmerksamkeit, Gehorsam und Liebe zu verlangen. Macht, so lässt Marnix die Leser wissen, bedeutete für Felipe die Möglichkeit, mit Millionen Untertanen in Kontakt zu treten. Deshalb hörte er stets zu, deshalb versuchte er, den anderen so gut wie möglich zu verstehen und immer dann, wenn es sich um eine junge Frau handelte mit ihr beizuschlafen. Marnix , der Freund des Königs vermutet, dass Filipe am liebsten mit all seinen Untertanen ins Bett gegangen wäre, um zu demonstrieren ( nicht zu beweisen), dass er ein guter König war.

Jemand, dem Felipe sein Ohr geliehen hatte, musste allerdings davon ausgehen, dass er irgendwann eine Gegenleistung einforderte. Der König verlangte letztlich immer Gehorsam, und sparte auch seinem Freund Marnix nicht aus. Diese Lektion lernte Marnix als der König ihm die schöne Isabel nahm. Felipe vergaß nie seine Macht zu zeigen und klare Grenzen zwischen sich uns allen anderen Menschen im Reich zu ziehen. Alles in allem war Felipe in den Augen de Veers sowohl im Körper als auch in der Seele ein Ritter aus längst vergangenen Zeiten, während Marnix aufgrund seines Habitus und seiner Bildung wohl eher einem Vertreter der Renaissance entsprach. Unabhängig von seinen ehelichen Verpflichtungen galt Philipp als aufregender, hinreißender, ausdauernder Liebhaber, der seine Bettgespielinnen immer auf den Gipfel der Lust führte, aber im Gegenzug den unausgesprochenen Auftrag erteilte ihn zu lieben und auf ewig seine Königswürde anzubeten. Mit einem Wort alles, was Felipe tat, diente seiner Machentfaltung.

De Veer berichtet auch von seinem eigenen Tun bei Hofe. Er hatte die Hauptverantwortung für die Bibliotheken und war zunächst Erzieher von Felipes missratenem Sohn Carlos, der in seiner Boshaftigkeit und Abgefeimtheit vortrefflich charakterisiert wird. Viel später wird er Erzieher von Felipes beiden Töchtern. Diese Aufgabe bereitet ihm viel Freude und entschädigt den zu diesem Zeitpunkt bereits betagten Mann für den Verlust Isabels vor langer Zeit.

Sehr gut werden die Intrigen bei Hofe fokussiert. Marnix weiß sich umgeben von Habsucht, Machtgier und Korruption. Auf Aufstiegschancen lauerten alle und bereichern wollten sich ebenfalls alle. Um ihre Ziele zu erreichen waren alle Hofleute bereit selbst die heiligsten Prinzipien zu verraten. Marnix erwähnt das listige Spiel des Schmeichelns und Stehlens auf allen Ebenen, auch thematisiert er die öffentliche Treue und den heimlichen Verrat, die liebkosende rechte und die zuschlagende linke Hand. Die drei Namen der Leidenschaft, die den spanischen Hofadel antrieb waren Geld, Macht und Gier.

De Veer kapselte sich gegen diese Umwelt ab, er war, wie er selbst resümiert zu feige dagegen anzugehen. Marnix begleitet Felipe dessen ganzes Leben hindurch und so man liest natürlich auch von den politischen Maßnahmen des Königs, aber auch seinen Ehen und erfährt schließlich nicht zuletzt den wahren Grund, weshalb Marnix seinem Freund das Zerschlagen des Bandes zwischen ihm und seiner großen Liebe vergeben konnte.....Felipe wird mit zunehmendem Alter von Malaria, Typhus, Gicht und der Ruhr geplagt und verbringt die letzten drei Lebensjahre qualvoll leidend in seinem Bett. Die Ausdünstungen im Zimmer sind kaum zu ertragen, doch Marnix , sein Freund verlässt ihn nicht.

Ein packend geschriebener, sehr dichter Roman. Ein gelungenes Sittengemälde der Gepflogenheiten am Hofe Philipps II . Sehr empfehlenswert.

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