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Rezension: Salz auf unserer Haut (Taschenbuch)

Oft genug ist dieser Roman rezensiert worden und immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass hier die Liebesgeschichte einer Pariser Intellektuellen und eines bretonischen Fischers erzählt wird.

Die Handlung als Interpretationsgrundlage abermals breitgefächert wiederzugeben, möchte ich mir deshalb ersparen.

Benoît Groult, die Autorin dieses Bestsellers, gilt aufgrund ihres Engagements in der französischen Frauenbewegung als legitime Tochter Simone de Beauvoirs. Sie hat sich natürlich damit nicht zufrieden gegeben einen profanen Liebesroman zu schreiben, in dem dann scheinbar vordergründig seitenlang die Sexualphantasien einer keineswegs spröden, französischen Intellektuellen zum Besten gegeben werden.So einfach ist es nicht. Hier geht es um etwas anderes.

Groult spürt in ihrem Buch der alten Idee Platons nach von den beiden zueinander gehörenden Kugelmenschhälften (das artikuliert sie auch konkret in einer Textpassage), welche für die Autorin in gewisser Weise durch ihre Protagonisten verkörpert werden, aber die deshalb noch lange keine Persönlichkeitssymbiose oder dergleichen anstreben.

George und Gauvin, die sich als junge Menschen in den Ferien kennen lernen, passen von ihrem sozialen Backround und ihrer gedanklichen Ausrichtung nicht zueinander. Dennoch fühlen sie sich, wie durch magische Elektrizität zueinander hingezogen und verbringen irgendwann eine Nacht miteinander. Ihre Körper erkennen sich sofort und streben danach fortan vorübergehend immer wieder miteinander zu verschmelzen. Dabei wird die emotionale Sehnsucht von den Liebenden, wenn sie getrennt sind, stets auch genital wahrgenommen.

George und Gauvin treffen sich daraufhin in Paris, wo die junge Studentin und der bildschöne Fischer tagelang das Bett nicht verlassen, weil sie ein körperliches Fest der Liebe feiern, das, wie bei allen weiteren sporadischen Begegnungen, sei es auf den Seychellen, sei es in Dakar, sei es in Kalifornien oder anderswo das immer gleichbleibende Ziel der sinnlich aufgeladenen Zusammenkünfte darstellen wird.

Nicht geboren aus der Sucht nach pausenlosen Orgasmen, sondern aus dem Empfinden in körperlich-seelischer Beziehung zusammen zu gehören und dieses Wissen immer wieder erneut für ein paar Tage zu genießen, unternehmen die beiden im Laufe der Jahrzehnte stets aufs Neue große Anstrengungen, um sich den sie ungemein erfüllenden Liebesakt abermals und abermals zu schenken. Die körperliche Anziehung, auch die Lust aufeinander enden nicht.

George ist mittlerweise Hochschullehrerin in den USA, hat dort ein Verhältnis zu einem gebildeten Mann, der ihr geistig ebenbürtig ist.Doch diese Beziehung hindert sie nicht daran sich in gewissen Abständen nach Gauvin, der zwischenzeitlich verheiratet und Vater von vier Kindern ist, zu sehnen. Aber auch der bretonische Fischer sehnt sich nach seiner Geliebten, hat aber lange Zeit moralische Skrupel wegen dieser erotischen Beziehung, bis er erkennt, dass George im Grunde seine eigentliche Frau ist.

Sowohl für George als auch für Gauvin ist das gegenseitige körperliche Erleben durch Dritte nicht ersetzbar. Sie brauchen einander, um ihre Sehnsucht körperlich vorübergehend stillen zu können. Sexuelle Handlungen mit anderen Partnern bringen das Fieber der beiden aufeinander nicht zum Abklingen. Sex ist nicht einfach Sex, weiß George. Keiner kann ihn ihr so vermitteln wie Gauvin, was keine Frage von Technik ist. Durch ihn erkennt sie das Heilige ihn ihrer Wollust.

In ihrer Jugend glaubt George, dass sich lieben eins werden heißt. Später allerdings begreift sie, dass sich lieben bedeutet, zwei zu sein bis zur Zerrissenheit und dass eben genau diese Gegebenheit vielleicht die Leidenschaft zwischen Mann und Frau begründet Benoit Groults tiefe Wahrheit über das Geheimnis lang andauernder Liebe wird dokumentiert in der ungewöhnlichen Liebesgeschichte von George und Gauvin, die letztlich deshalb nicht voneinander lassen können, weil sie sich ihr Andersein in all den Jahren zugebilligt haben, obgleich auch ihnen dies nicht immer leicht gefallen ist.

Ein schöner Roman, über dessen Inhalt sich nachzudenken lohnt!




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