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Rezension: Die Heimkehr (Gebundene Ausgabe)

Peter Debauer, der Protagonist in Schlinks jüngstem Roman, begibt sich auf Spurensuche.
Will Debauer zu Anfang noch den Autor eines Heftchenromans , den er als Heranwachsender bei seinen Großeltern in der Schweiz gelesen hat, finden, sucht er schon bald darauf nach seinem tot geglaubten Vater, als er bemerkt, dass es sich um ein und diesselbe Person handelt.


Peter lebt von Kindheit an rückwärtsgewandt, weil er seine Wurzeln nicht wirklich kennt. Seine Mutter läßt ihn in vielem im Ungewissen und erzählt Halbwahrheiten, um ihn zu schonen. Schweizer Herkunft ist Peters Vater. Seine Mutter hatte ihn einst während der NS-Zeit in Breslau kennengelernt.


Wie Peter eruiert, hat Debauer senior im Laufe seines Lebens viele Identitäten angenommen. Den Nazis stand er nahe. Er schrieb damals Traktate, in denen Begriffe wie Ritterlichkeit sophistisch in ihr Gegenteil verkehrt und für ideologische Zwecke missbraucht wurden. Rechtswissenschaften hatte der alte Debauer in Deutschland studiert und mit Heftchenromanen sich über Wasser gehalten, bevor er in die USA ging und dort unter anderem Namen als Juraprofessor Karriere machte. Frau und Kind besorgte er zum Abschied einen Schweizer Pass.


Peter, selbst Jurist, will seinen Vater kennen lernen und ihn stellen. Der rechtschaffene Sohn ist empört über das chamäleonartige Wesen seines Vaters und auch aufgebracht darüber, dass dieser als Professor es spitzfindig immer noch schafft, Begriffe unentdeckt zu verbiegen, indem er ihnen wortverdreherisch einen neuen , völlig fragwürdigen Inhalt zuordnet.


Worin liegt der Nutzen von Gerechtigkeit? Bei wieviel Kälte, Hunger, Druck, Angst ist der Lack der Zivilisation ab? Ab wann verraten sich die Menschen? Was ist das Böse? Muss man dem Bösen ins Auge schauen, um es in sich selbst und in anderen zu erkennen? Hat das Böse im vergangenen Jahrhundert aufgehört zu existieren oder lebt es fort solange es Menschen gibt? Das sind die Fragen mit denen sich Peter auf der Suche nach der gedanklichen Ausrichtung seines Vaters auseinandersetzt. Während er die Antworten auf diese Fragen findet, beginnt der stets rastlose Sucher ruhiger zu werden.


Um wirklich heimzukehren, muss man eine Reise, die auch ein intellektueller Prozess sein kann, tatsächlich abgeschlossen haben. Das macht Barbara, Peters kluge Freundin, ihm immer wieder klar. Während Barbara ihm hilft sein ungeklärtes Gestern aufzuhellen und es Peter in diesem Zusammenhang gelingt, essentielle ethische Problemstellungen gedanklich zu durchforsten, ermöglicht er es sich zu der Frau, die er liebt, uneingeschränkt heimzukehren, ganz anders als Odysseus einst zu Penelope.



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