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Rezension:Black Box DDR: Unerzählte Leben unterm SED Regime (Gebundene Ausgabe)

Dieses Buch berichtet anhand von 33 exemplarischen Porträts vom Unrecht in der ehemaligen DDR. Das, was den fokussierten Personen geschah, mussten in der DDR leider viele ertragen. Thematisiert werden u.a. anhand der Geschichte der Magdalene Riecken die Aktion "Ungeziefer" des Ministeriums für Staatssicherheit. Damals mussten im Mai und Juni 1952 ohne Angabe von Gründen 8000 Menschen ihre Häuser und Höfe verlassen. Großes Unrecht geschah auch Franz Itting, der sein Lebenswerk 1950 in Thüringen zurückließ, nachdem man dort gegen ihn im Rahmen eines Schauprozesses zu Felde gezogen war.

Ab Mitte 1945 waren in elf Speziallagern der Sowjetischen Besatzungszone 157.000 Menschen inhaftiert. Bei diesen Lagern handelte es sich teilweise um ehemalige Konzentrationslager. Im Rahmen eines Berichtes wird von einem der Haftkinder, der kleinen Waldtraud, erzählt. Deren Mutter wurde aus Gründen, die sie nie begriffen hatte, vom sowjetischen Militärtribunal zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Tochter kam im Gefängnis zur Welt.

Man liest ferner vom Jugend-Widerstand an Schulen und an Universitäten der SBZ in den 1950er Jahren, auch von den Militärtribunalen. Bis 1955 wurden 3000 Todesurteile vollstreckt. Die »Eberswälder Gruppe« ist ein Beleg dafür, dass schon zu Beginn der DDR Willkür und Terror herrschte. Man liest des Weiteren von Bruno Goldhammer, einem Kommunisten jüdischer Herkunft. Was man all diesen Menschen antat, zeigt welch Geistes Kind die SED-Diktatur war.

Nicht ausgespart bleibt die Zwangskollektivierung auf dem Land und die Ereignisse des 17. Juni 1953. Damals beteiligten sich 1,5 Millionen Ostdeutsche am Volksaufstand. Man erfährt am Beispiel von Helmut Schmidt wie man mit Zeugen Jehovas umging und liest von dem grauenvollen Haftbedingungen im Zuchthaus Bautzen.

Es folgen Berichte über Berichte, die verdeutlichen, dass es sich bei der DDR um einen Unrechtsstaat gehandelt hat. 625.000 inoffizielle Mitarbeiter waren bereit ihre Mitmenschen zu bespitzeln, ist das nicht unglaublich?

Rezension: Ehrenwort - Ingrid Noll

Es dauert nur wenige Zeilen und man ist zurück in der Welt der Ingrid Noll, in der Welt, die sich dadurch auszeichnet, dass im bürgerlichen Milieu, sich hinter den Kulissen des täglichen Lebens Abgründe auftun, die die Autorin in der ihr eigenen Art kompromisslos dazustellen versteht.

"Ehrenwort" ist der 12. Roman der wunderbaren Ingrid Noll, die mal wieder an der Bergstraße eine Familienidylle zerpflückt, um die menschlichen Untiefen der einzelnen Familienmitglieder in dem ihr eigenen schwarzen Humor vor dem Leser auszubreiten.

Es sind nicht die Geschehnisse der Protagonisten, die den eigentlichen Spaß am Lesen dieses Buches ausmachen, nein, es ist die trockene Sprache des Realistisch-Sarkastischen, die die große Schar der Noll-Jünger immer mehr ansteigen lässt.

Die geschätzte Autorin befasst sich dieses Mal mit der uns alle betreffenden Problematik der Altenpflege. Was passiert, wenn der 90 jährige Großvater nach einem häuslichen Unfall das Leben seiner Kinder und Enkel dominiert, weil er pflegebedürftig bei seinen Kindern aufgenommen werden muss? Welche Auswirkungen zeigen sich bei den Nachkommen, wenn vermeintlich eine nicht zu unterschätzende Erbschaft winkt?


Hier zeigt Noll schonungslos offen wie jedes betroffene Familienmitglied die Sache im ureigensten Sinne, für sich zu lösen versucht. Erstaunliches wird dem Leser dabei aufgetischt.


Wer die liebliche Bergstraße kennt, mag nicht glauben, dass hinter der Fasade eines wohlgestalteten Bürgerhauses Dinge geschehen, die man hier nie vermuten würde. Dieses alles jedoch ficht den lateingewandten nörgelnden Großvater mitnichten an. Er, der altgediente Kriegsveteran, weiß die Seinen zu schützen. Veni, vidi, vici.


Rezension:Jesabel: Roman (Gebundene Ausgabe)


Die 1903 geborene russisch-jüdische Schriftstellerin verstarb 1942 in Auschwitz. Dieses frühe Meisterwerk befasst sich mit dem Jugendwahn einer sehr schönen, reichen dazu noch intelligenten Frau, die alle Chancen gehabt hätte im Laufe ihres Lebens ihre Persönlichkeit breit gefächert zu entwickeln, sich stattdessen aber in Abgründe verstrickte, weil sie sich zwanghaft über ihr Äußeres definierte und aus ihrer Selbstbezogenheit nicht herausfand..

Die Romanhandlung nimmt im Gerichtssaal ihren Anfang. Dort ist die nunmehr sechzigjährige Gladys Eysenach angeklagt, ihren 20 jährigen Liebhaber ermordet zu haben.... Gladys gehörte der umherschweifenden, kosmopolitischen Gesellschaftsklasse an. Man lernt sie als junge Frau kennen, liest wie sie damals wegen ihrer Schönheit angebetet wurde und wie sie es genoss begehrt zu werden. Sie berauscht sich an dem Einfluss, den sie auf Männer hat und will das Gefühl immer wieder aufs Neue auskosten, auch noch als in die Jahre gekommene Frau. Gladys ist unfähig zu lieben, ihre Gedanken kreisen immer nur um sie selbst und um die Macht auf das andere Geschlecht.

Diese glanzvolle Dame der Gesellschaft hatte eine Tochter, die sie im Zustand eines Kindes hält, weil sie nicht ertragen kann eine erwachsene Tochter an ihrer Seite zu haben. Überall wittert sie Konkurrenz und hat Angst, zum alten Eisen zu gehören. Das 18 jährige Mädchen verliebt sich und möchte heiraten. Die Mutter verbietet die Eheschließung, keineswegs wegen des Alters von Marie - Therese, sondern weil Gladys nicht Schwiegermutter werden möchte.

Der junge Mann fällt im 1. Weltkrieg, doch Marie-Therese ist schwanger und ihre Mutter drängt auf Schwangerschaftsabbruch, in erster Linie, weil Gladys unter keinen Umständen Großmutter werden möchte. Marie - Therese bringt entgegen den Wünschen ihrer Mutter das Kind zu Welt, verblutet allerdings bei der Geburt. Der Enkelsohn überlebt.

Gladys will das Kind am gleichen Tag noch aus dem Hause haben, übergibt es einer Amme, zahlt und vergisst die ganze Angelegenheit recht schnell, indem sie sich am gesellschaftlichen Leben berauscht. Es vergehen Jahre, in denen Gladys ihren Alterungsprozess durch immer jüngere Liebhaber zu betäuben sucht und den Anblick im Spiegel kaum noch erträgt, obschon sie nach wie vor eine attraktive Frau ist. Mittlerweile ist sie 60 Jahre alt, noch immer durchtanzt sie die Nächte, will gefallen, tut alles für ihr Aussehen. Da jedoch taucht ihr Enkel auf....

Ein packender, auf hohem Niveau geschriebener Roman, der an Aktualität nichts verloren hat, wenn man bedenkt, was neuerdings alles unternommen wird, um den Anschein äußerer Jugend zu bewahren... doch die Seele lässt sich nicht betrügen, sie altert unaufhaltsam und erkrankt, insbesondere, wenn man sie daran hindert den gestellten Lebensaufgaben gerecht zu werden. Oskar Wilde hat sich mit diesem Problem bereits vortrefflich auseinandergesetzt. Ein Thema, dem sich jede Generation neu stellen muss.

Empfehlenswert.