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Rezension:Monsieur Teste (Gebundene Ausgabe)

Paul Valery 1871-1945 war Professor für Poetik am College de France. Er veröffentlichte zunächst Lyrik, setzte aber bald seine Bemühungen den reinen, von allen Gefühlen gelösten Geist zu ergründen, in Prosaform fort. Sein philosophischer Text "Monsieur Teste", den man als Aneinanderreihung von Dialogen, Essays und Aphorismen werten muss, ist wohl das fiktive intellektuelle Ich Valerys. Aus heutiger Sicht scheint es ein wenig absonderlich, Geist von Gefühl fiktiv trennen zu wollen und die Wechselwirkung nicht von vornherein als gegeben zu akzeptieren. Valery teilt dem Leser mit, dass dieser imaginäre Teste dem Zufall entsprungen und dass alles, was er an Geist besitzt oder besaß letztlich zufallsbedingt sei.

Teste ist ein von seinen Ideen, seinem Gedächtnis beobachteter, ja belauerter Mensch, dessen Denken von seinen Gefühlswerten getrennt ist. Welche Konsequenz dieses Phänomen allerdings auf Testes Handlungsmuster hat, kann man dem Text nur sehr schwer konkret entnehmen. Valery lässt den Leser wissen, dass im ganzen Wesen von Monsieur Teste kein Körnchen Hoffnung ist. Das dürfte eine der fatalen Folgen reiner technischer Intelligenz sein, wenn es diese denn bei einem Menschen gäbe.
Banale Anmerkung von der Rezensentin: Lebende Menschen sind immer beseelt, unbeseelte Menschen sind tot und können demnach nicht mehr denken.

Valery versteigt sich in die Vorstellung, dass Teste der Herr des Geistes ist, dem man kein seelisches Ungemach, keine innwendigen Schatten zuschreiben kann und ebenfalls nichts, was von Instinkten der Furcht oder Begehrlichkeit herrührt, wie auch nichts, was auf Nächstenliebe gerichtet wäre. Infolge seiner Emotionslosigkeit ist Teste weder gut noch böse, schlau, zynisch oder anderes. Er beschränkt sich darauf zu wählen. Während er wählt, verbindet er einen Augenblick und sich selbst zu einer gefälligen Einheit. Dadurch, dass er keine Gefühle hat, kann er wirklich sehen und demnach frei entscheiden. Der beseelte Mensch ist immer ein durch seine Gefühle in seinen Handlungen beeinflusster Mensch, nur der absolut vergeistigte Mensch ist frei in seinen Entscheidungen. Demnach also ist keiner frei. Warum artikuliert Valery solche logischen Schlußfolgerungen nicht? Vielleicht ist es aber dieser Wunsch nach Freiheit, der Valery nach fiktiven Auswegen suchen und ihn sagen lässt: "Etwas in uns, oder mir, empört sich gegen die erfinderische Macht, welche die Seele über den Geist ausübt."

Klarheit des Denkens ist meines Erachtens letztlich nur möglich, wenn man sich der Wechselwirkung von Geist und Psyche bewusst wird.

Wenn Valery Teste sagen lässt: Meine "Seele beginnt genau an dem Punkt, wo ich nichts mehr verstehe, wo ich nichts mehr vermag, wo mein Geist sich selbst den vor ihm liegenden Weg versperrt." wünscht man Teste, dass er sofort mit zwei Dutzend guten Psychologiebüchern ausgestattet wird.

Testes Gedankenwelt bleibt mir fremd.

Schön allerdings ist Valerys Sentenz:

"Du steckst voller Geheimnisse, die du Ich nennst.
Du bist Stimme deines dir Unbekannten."

Diese Geheimnisse zu lüften macht allerdings Intellekt und Emotion erforderlich.
Freuen wir uns , dass es so ist!

Ich unterstelle Valery, dass ihm diese Tatsache bewusst war und er aus mir bislang nicht nachvollziehbaren Gründen eine Hypothese in den Raum stellt, die sich so nicht verifizieren lässt.

Rezension: Menander und Glycerion: Ein Liebesroman in Briefen (insel taschenbuch) (Taschenbuch)

Meine Neugierde hinsichtlich dieses Romanes wurde durch einen Hinweis auf der Rückseite des Buchdeckels geweckt. Dort liest man folgende Zeilen: - Mit diesem Liebesroman in Briefen ist "eine der schönsten Liebesgeschichten in deutscher Sprache" (Jan Philipp Reemtsma ) wiederzuentdecken.-

Der Verfasser des Romans C.M Wieland (1733- 1813) war Dichter des Rokokos und der deutschen Aufklärung, einer der vier Vorklassiker, Professor für Philosophie in Erfurt und Prinzenerzieher in Weimar. Er begründete den deutschen Bildungsroman. Reemtsma berichtet im Nachwort vom intellektuellen Schaffen dieses Dichters.

Die Romanhandlung spielt in der Antike. Der griechische Dichter und Frauenliebling Menander verliebt sich in das Bildnis der hübschen Glycera, einer jungen Kränzehändlerin, die allem Schönen, nicht zuletzt auch der Dichtung Menanders sehr zugetan ist.

Als der Dichter das Mädchen persönlich kennen lernt, verlieben sich die beiden sofort ineinander und werden ein Paar, wie man dem Briefwechsel, den die beiden mit Freunden und auch miteinander führen, entnehmen kann.

Obgleich Menander völlig angetan ist von der Schönheit, der Seele und dem Geist der attraktiven Glycera ist er ihr untreu, weil er den Reizen anderer Frauen letztlich nicht widerstehen kann, auch wenn diese ihm weniger zu bieten haben als seine Idealfrau.

Gleichwohl reagiert er voller Eifersucht, wenn andere Männer sich der Kränzehändlerin nähern. Die kluge Glycera weiß: "Die Freundschaft allein kann beständig sein. Die Liebe ist es nie, denn sie ist bloße Täuschung." ".......Unbeständigkeit und Untreue ist etwas, worauf du rechnen musst, sobald du der Liebe eines Mannes Gehör gibst". "...alles, was in der Liebe über den Genuss der Sinne hinausgeht" ist "eitel Zauberwerk und Selbsttäuschung."

Glycera ist Menander trotz seiner amorösen Unbeständigkeiten eine gute Freundin, zeigt Verständnis, lässt ihn gewähren, intellektualisiert ihre Beziehung, verliebt sich in der Folge aber in Hermotimus .

Als Menander davon erfährt wünscht er sich diese "zur Beharrlichkeit im Lieben ausdrücklich zugeschnittene" Person zu sein, um auf jene Weise von der von ihm idealisierten Glycera erneut tief geliebt zu werden. Menander ahnt, dass er mit seinen eigenen Verhaltensmustern die Liebe einer Glycera nicht abermals gewinnen kann, weil er letztlich ihre zarten Empfindungen nicht wirklich zu schätzen und zu erwidern in der Lage ist..... Bedingungslose Liebe bedarf der bindungslosen Gegenliebe um hell zu erglühen. Diese Botschaft vermittelt Wieland in seinem Liebesroman.

Bemerkenswert in diesem Buch sind die Betrachtungen über Liebe und Täuschung aber auch Freundschaft und deren Grenzen.

Empfehlenswert.

Helga König

Überall im Handel erhältlich.