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Rezension: Sittenlehre- Martin Kohan

Martin Kohan gehört zu den Schriftstellern, die die neue Literatur in Argentinien prägen. Da er in Buenos Aires lebt und arbeitet, neben seinem schriftstellerischen Wirken ist er auch noch Literaturdozent, spielt sein Roman "Sittenlehre" auch in der Hauptstadt Argentiniens.

Er hat den Roman zeitlich zurückversetzt, in das Jahr 1982 als Argentinien von einer Militärjunta beherrscht wurde. Zudem sind es die Monate, in denen die Militärs mit England um die Falklandinseln im Krieg lagen.

Die junge Maria Teresa ist Aufseherin in der Eliteschule Colegio National, einem durch Tradition geprägten Bildungsinstituts, das über die lange Zeit ihres Bestehens außergewöhnliche nationale Persönlichkeiten hervorgebracht hat. So erlangte das Colegio einen besonderen Ruf als vaterländische Ausbildungsstätte.

Untermauert wurde das Ansehen mit Disziplin, erzieherischer Strenge und Sittsamkeit, stets darauf achtend, dass diese Tugenden immerfort eingehalten werden. Hier ist die Protagonistin angetreten, um im Kreise ihrer Mitaufseher mit der gebotenen Ausdauer und Strenge diese traditionelle Maxime durchzusetzen, um jederzeit ihren Vorgesetzten den Nachweis zu erbringen, dass sie die geeignete Person für dieses Amt ist.

Ansonsten geschieht nicht viel im Leben von Maria Terese. Da sind ihre Mutter, mit der sie ein gemeinsames Leben führt in einer kleinen, bescheidenen Wohnung und ihr Bruder, der vom Militär eingezogen, gelegentlich Lebenszeichen signalisiert in Form einer Ansichtskarte oder ab und an in einem kurzen Telefongespräch.

Die Tage gehen dahin, die Jahreszeiten wechseln und immer ist Marie Terese peinlichst genau bestrebt bei der Einhaltung von Kleiderordnung und dem Betragen der Schüler innerhalb und außerhalb des Gymnasiums. Verfehlungen werden abgestellt und sofort bestraft. Die Verlängerung der täglichen Schulzeit um eine Strafstunde ist keine Seltenheit.

Eines Tages muss die von absoluter Disziplin durchdrungene Aufseherin, die noch jung an Jahren ist, feststellen, dass Empörendes geschehen sein muss. Einer ihrer Zöglinge, sie war gerade dabei, die Liste der strengen Vorgaben zu überprüfen, roch eindeutig nach Zigaretten. Welch` ein Frevel! Rauchen war innerhalb der Schule absolut untersagt. Sie beschloss der Sache nachzugehen und überlegte, dass das Rauchen innerhalb des Colegio wohl nur auf der Knabentoilette stattgefunden haben konnte. Dies war erneut die Gelegenheit ihrem Oberaufseher zu beweisen, dass sie die geeignete Person ist, solches außergewöhnliche Fehlverhalten zu untersuchen.

Sie entschied bei nächster Gelegenheit investigativ auf der Knabentoilette zu recherchieren. Hier nun beginnt ihr Leben und ihre Arbeit eine Wendung zu nehmen...

Martin Kohans schriftstellerische Fähigkeiten liegen zweifelsohne darin, sehr detailliert, auch scheinbar einfache Handlungen ausführlich zu beschreiben. Dieses handwerkliche Können erzeugt beim Leser eine fortwährende Spannung. Ungeduldig will man wissen, in welche Richtung die Erzählung sich bewegt. Man wartet auf den Punkt des Umbruchs, um mitzuerleben, was der Roman noch aufzeigt.

Empfehlenswert.

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