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Rezension: Der Winkeladvokat- Monsieur Rainer

Wenn man den Roman von Monsieur Rainer mit dem Titel „Der Winkeladvokat“ zum ersten Mal in den Händen hält und kurz reflektiert, worauf man sich bei diesem Buch eigentlich einlässt, könnte man durchaus auf die Idee kommen, dass es sich hierbei um die Beweihräucherung des Berufsstandes der Anwaltschaft handelt, der im akademischen Ranking immer noch hoch angesiedelt ist.

Das Image wird zuweilen nur durch einige geldgierige, verlogene und betrügerische Vertreter dieses Berufsstandes angekratzt. Ansonsten erwartet man smarte, Porsche fahrende, mit dunklem Tuch ausgestattete Anzugträger, die nichts erschüttern kann, zumindest keine kleinen, dicklichen, bebrillten Staatsanwältinnen oder Richterinnen. Allenfalls die jungen, mittlerweile attraktiven Referendarinnen könnten sie gelegentlich aufs Glatteis führen.

Ja, die Liebesabenteuer eines solchen Draufgängers hinter gediegenen Anwaltstüren, der selbstverliebt ironisch gelegentlich sich als Winkeladvokat vorstellt, verspricht schon Kurzweiliges.

Auch der Name des Autors „Monsieur Rainer“ ist zweifellos ein Pseudonym. Will er damit Diskretion gegenüber der weiblichen Mandantschaft beweisen oder sich gar vor den Nachstellungen der Obrigkeit schützen, falls nicht immer alles nach Recht und Gesetz gelaufen ist?

Alles weit gefehlt.

Monsieur Rainer, der bekannte Autor der wunderbaren „Commissaire Carlucci“- Kriminalromane oder auch des intelligenten, zeitkritisches Buches „Wehrt Euch!“ beschreibt hier in Romanform das dramatische Leben eines jungen Mannes, der gepeinigt durch seine gefühlskalten Juristeneltern, es vorzieht, lieber in die französische Fremdenlegion abzuhauen, als gedemütigt und geprügelt zu werden, da die Noten des Reifezeugnisses nicht den Vorstellungen seiner Erzeuger entsprechen.

Hier trainiert er seine Stärken und wird zum harten, angstfreien Kämpfer ausgebildet. Hier aber auch wird sein unbedingter Wille geprägt, es seinen familiären Peinigern mit gleicher Münze heimzuzahlen. Nach seiner Entlassung aus der Legion studiert er Jura in Nizza und Tübingen. Sein einziges Ziel ist es, diesem menschenverachtenden Staatsanwalt und dieser kalten hochnäsigen Richterin, diesen zwei Personen, die sich seine Eltern nennen, alles das zurückzuzahlen, was diese im Laufe vieler Jahre an ihrem Sohn verbrochen haben.

Als er endlich als Anwalt im gleichen Landgerichtsbezirk wie dieses “ehrenwerte“ Juristenpaar zugelassen wird, glaubt er die Zeit der Rache sei gekommen.

Monsieur Rainer stellt hier einen glänzend geschriebenen Roman vor, einerseits perfekt recherchiert, was die gerichtliche Praxis anbelangt, so dass der Leser auf eine abgeschlossene juristische Ausbildung mit anschließender anwaltlicher Tätigkeit schließen kann.

Doch auch die Erfahrungen, die sein Protagonist in den verschiedenen Gerichtssälen dieses Landes gemacht hat, dokumentiert profunde Kenntnisse der Materie. Dieses alles bindet der Autor in die tiefe Emotionalität des jungen Mannes ein, dem das Schicksal so viele Härten auferlegt hat. Die schönen Seiten des Lebens kommen allerdings auch nicht zu kurz, wenn der ehemalige Fremdenlegionär an seine geliebte Cote d` Azur zurückkehrt, nach Nizza, wo sein Leben als Student sich durchaus angenehm gestaltete.

Alles in allem haben wir es mit einem Roman zu tun, der voll Herzblut geschrieben, auch durchaus biographische Züge aufweisen könnte und deutlich zeigt, wie kalt und herzlos Menschen, zumal gutbetuchte Juristen sein können. Wie aussichtslos es ist, gegen verlogene Strukturen zu kämpfen, erfährt unser Protagonist permanent, zumal wenn man von blindem Hass geleitet wird.

Ach ja, und ob unser Romanheld immer nur gegen das Böse kämpft oder ob er auch Gefühle und Leidenschaften seitens der holden Weiblichkeit entgegengebracht bekommt, müssen sie durch die Lektüre selbst herausfinden. Es ist fast zu vermuten.

Ich möchte dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

Helga König

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Rezension: Börne-Das große Lesebuch (Broschiert)

Herausgeberin dieses Lesebuchs ist Inge Rippmann. Sie stellt eine große Anzahl von Texten des in Frankfurt am Main geborenen deutschen Intellektuellen Ludwig Börne (eigentlich Löb Baruch, 1786-1837) vor, wodurch man einen breitgefächerten Eindruck dieses Denkers jüdischer Herkunft erhält, dessen Schriften sich in erster Linie gegen die politische und kulturelle Reaktion wandten.

Die Herausgeberin hebt gleich zu Beginn hervor, dass Börne kein Dramatiker wie Büchner, kein Lyriker wie Heinrich Heine, kein epischer Schriftsteller wie der von ihm verehrte Jean Paul gewesen sei. Sein Ruhm sei zunächst der Aktualität verpflichtet gewesen.

Den letzten Seiten des Buches hat man übrigens Gelegenheit, sich einen Überblick über das Leben und Werk Börners zu verschaffen, bei dem sich das Stichwort "Freiheit" durch sein, wie Rippmann nicht unerwähnt lässt, "schmales, jedoch formal wie inhaltlich breit gefächertes Oeuvre verfolgen" lässt.

Börne verbarg seine radikal-oppositionelle Kritik in der Regel in Feuilletons, Kritiken und Kurzgeschichten. Davon erhält man in dem Lesebuch einen recht guten Eindruck.

1830 begab sich der Frankfurter nach Paris und widmete sich nach zwei ausgedehnten Schweizreisen zwischen 1832-1834 intensiven Studien der Französischen Revolution. Börne soll wie die meisten seiner liberalen Zeitgenossen die Julirevolution zunächst als entscheidende Zeitenwende begrüßt haben. Dabei befreite ihn sein neu gewählter Wohnort Paris sowohl inhaltlich als auch stilistisch vom Zensurdruck.

In seinen "Pariser Briefen" ließ es die Leser an seiner aktuellen Lektüre teilhaben und klagte u.a. mit satirischer Geste die unverantwortliche Politikabstinenz von Goethe, Schiller und anderen Geistesgrößen der Klassik an.
Sein Seitenblick auf Heine soll stets wach geblieben sein. Hier soll es enorme Konkurrenzgefühle gegeben haben, die schließlich in "feindseliger, von ihrem unterschiedlichen Revolutionsverständis gespeister Gehässigkeit" endeten.

Das Lesebuch stellt Texte von Börne vor, die ihn als Anwalt und Kritiker der Juden, als kritischen Patrioten, als Literatur- und Theaterkritiker, als Vorkämpfer für die Pressefreiheit, als radikalen Demokraten, als Flaneur und Musikfreund, als Goethe-Gegner, als Zeitgeschichtenschreiber, als Satiriker und in anderen Rollen zeigen.

Als ich die Texte, die seine Beziehung zu Heine verdeutlichen, las, sah ich erneut, wie kontraproduktiv Konkurrenzdenken ist und wie viel mehr es doch bringt, wenn kluge Geister gemeinsam an einem Strang in eine Richtung ziehen.

Empfehlenswert.

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