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Rezension: Betreff: Einladung zu einer Kreuzfahrt- Bodo Kirchhoff- Frankfurter Verlagsanstalt

Der Autor dieses Buches ist der Schriftsteller Bodo Kirchhoff. Er wurde im Herbst 2016 für seine Novelle "Widerfahrnis" mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.

Der Ich-Erzähler seines vorliegenden Werks ist wie er ein Schriftsteller, allerdings von seinem Wesen her intellektueller Bedenkenträger. Als solcher verfasst er eine ausführliche Antwort auf eine kostenfreie Einladung zu einer Kreuzfahrt.

Das Angebot der Reederei besteht darin, zwei Wochen durch die Karibik zu schippern, auf dem Schiff eine Außenkabine mit Balkon zu bewohnen und zwar mit freier Verpflegung als auch mit freien Getränken an jeder Bar auf dem Dampfer. Diese und diverse andere interessante Vergünstigungen werden ihm unter der Bedingung gewährt, mehrere Lesungen aus seinen Werken innerhalb der 14 Tage an Bord für die zahlenden Gäste zu realisieren.

Wohlüberlegt  antwortet der Eingeladene der Agentin der Reederei -die Dame heißt Frau Faber- Eschenbach- und irritiert den Leser dadurch, dass er der Empfängerin des Schreibens einen Text übermittelt, dem es an einem heutzutage eigentlich üblichen Füllhorn von Absätzen mangelt. Der Schreiber zwingt auf diese Weise die Empfängerin seiner Zeilen, sich sehr konzentriert auf seine Gedanken einzulassen, um ihr eindringlich zu vermitteln, dass er es sich nicht leicht macht, mit seinen Überlegungen und der damit verbundenen Entscheidung.

Er sei kein Freund von Absätzen, scheibt er seinen Stil erläuternd. Seine Seiten seien Festungen. Indirekt droht er Faber-Eschenbach durch seine dicht geschriebene Replik bei Zusage, ohne größere Atempausen dem Bordpublikum aus seinen Büchern vorzulesen und begründet  alsdann sein Vorhaben gut nachvollziehbar. Seine Romane scheinen für die vergnügungssüchtige Kreuzfahrtpassagiere wenig geeignet, wenn man ihm glauben darf. Doch offenbar geht es bei seiner Anwesenheit mehr um seinen Namen und weniger um seine Texte.

Von den 4999 zahlenden Gästen auf dem Schiff werden nur wenige zu seinen Lesungen kommen, vermutet der nicht gerade optimistische Autor und äußert dies auch gegenüber der Reederei-Agentin. Er macht sich und ihr keine Illusionen und überdenkt voller Ironie die Verschiedenheit der zahlenden Gäste und seiner eigenen Person, dessen kulturelle Vorlieben nicht zu den von ihm vermuteten Präferenzen der restlichen Passagiere passen. Ob er Vorurteilen unterliegt, hinterfragt er  allerdings nicht.

Ein Schriftsteller lebt in seiner eigenen Welt, die offenbar nur schwer zu vereinbaren ist  mit jener der fiktiven Schiffsbesucher und deren fiktiven Affinitäten. Stets aufs Neue nimmt der Eingeladene sich und die Leute, die ihm auf dem Schiff möglicherweise begegnen könnten, auf die Schippe, so auch den pensionierten Studienrat, der ihm sachliche Fehler nachweisen möchte, "den falschen Konjunktiv, die irrtümliche Ortsangabe, das vergessene Wort", oder  auch  jene, die nur zu Lesungen kommen, um eigene Ambitionen zur verfolgen, nicht zuletzt auch die, die mit ihm eine Affäre beginnen möchten. Hier räumt er ein, dass eine geistige Affäre verheerender sein könne als eine gewöhnliche. Er scheint zu wissen, wovon er schreibt.

Seite für Seite nörgelt sich der Antwortgeber subtil ironisch durchs Buch, nimmt sich dabei selbst allerdings nicht aus, wenn es um seine wunden Punkte geht. 

Eine Publikumsbeschimpfung ist es allerdings auf keinen Fall, sondern wohl eher eine Botschaft, dass es oft Welten sind, die uns von anderen trennen und letztlich nur die Liebe, sei sie auch noch so fiktiv,  Brücken  zu bauen vermag. 

Warum ich bei dem schreibenden Gastkünstler im Buch an den verschreckten Schriftsteller  aus dem Film "Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" spontan denken musste, kann ich nicht so genau sagen, aber vielleicht muss ich das auch nicht...


Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Überall im Fachbuchhandel erhältlich

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